Teure Reagenzglasbefruchtung

Die Erfolgsquote der Reagenzglasbefruchtung ist offenbar nicht höher als beim vergleichsweise einfachen Samentransfer in die Gebärmutter. Wie aus einer Studie mit 258 Paaren hervorgeht, gilt dies zumindest für jene Frauen, deren Kinderwünsche aus ungeklärten Ursachen oder wegen schlechter Spermienqualität des Mannes nicht in Erfüllung gehen. „Das Ergebnis hat uns selbst überrascht und ist wohl damit zu erklären, dass die körperlichen und emotionalen Belastungen durch die Reagenzglasbefruchtung sehr oft zum Abbruch der Behandlung führten“, erklärte Studienleiterin Angelique Goverde von der Freien Universität Amsterdam. Die Teilnehmerinnen der Untersuchung repräsentieren der Gynäkologin zufolge „einen großen Teil“ aller unfruchtbaren Frauen.

Die 87 Frauen, welche in der Studie die Reagenzglasbefruchtung (In-Vitro-Fertilisation, IVF) erhalten hatten, gebaren 33 gesunde Kinder. 85 Frauen, denen nach einer Hormonstimulation Samen in die Gebärmutter gespritzt wurde (Intra-Uterine Insemination, IUI), brachten 31 gesunde Kinder zu Welt; das gleiche Verfahren ohne Hormonstimulation führte zu 25 Geburten unter 86 Frauen.

Viele Fachleute waren bislang davon ausgegangen, dass die In-Vitro-Fertilisation, bei der Samen und Eizelle in einer Kulturschale miteinander verschmolzen werden, die bessere Methode ist. Allerdings sind dafür umfangreiche Vorbereitungen notwendig, weil der weibliche Körper mit zeitlich genau abgestimmten Hormongaben auf die Schwangerschaft eingestellt werden muss. Zudem müssen reife Eizellen in einer Operation abgesaugt und nach der Befruchtung im Labor entwicklungsfähige Embryonen in die Gebärmutter eingesetzt werden. Die Berechnungen der niederländischen Wissenschaftler zeigen, dass dieses Verfahren außer den körperlichen Strapazen und der emotionalen Belastung auch drei mal so hohe Kosten verursacht wie die Intra-Uterine Befruchtung.

In der nun veröffentlichten Studie waren mit jeder Methode maximal sechs Behandlungszyklen vorgesehen. Während jedoch die Teilnehmerinnen mit IVF insgesamt nur 270 Behandlungszyklen über sich ergehen ließen, waren es in den beiden IUI-Gruppen 355 bzw. 338 Versuche. So war die Erfolgsquote pro Behandlungszyklus zwar mit IVF am höchsten, die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden aber wegen der vielen abgebrochenen Behandlungen nicht höher als mit dem billigeren Samentransfer in die Gebärmutter.

„Ratsuchenden Paaren sollte man sagen, dass die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft mit beiden Methoden gleich gut sind und das die Intra-Uterine Insemination das bessere Kosten/Nutzen-Verhältnis bietet“, kommentierte Goverde ihre Studie. „Weil die IUI ohne Hormonstimulation überdies weniger Gesundheitsrisiken birgt, ist sie die Methode der ersten Wahl.“

Die In-Vitro-Fertilisation war ursprünglich für Frauen entwickelt worden, bei denen beschädigte oder verschlossene Eileiter eine Schwangerschaft verhinderten. In manchen Ländern wie Belgien und den USA verlangen jedoch viele Frauen nach der Methode, bei denen diese Voraussetzung nicht gegeben ist, erklärte Goverde. „Sie haben in den Zeitungen von den tollen Möglichkeiten der Fortpflanzungsmediziner gelesen und unterschätzen die Belastung durch das High-Tech-Verfahren IVF. Die Intra-Uterine-Befruchtung hat dagegen bei vielen das Image einer landwirtschaftlichen Zuchtmethode“.

Quelle:

MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft

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