Schutz vor Bilharziose?

Eine Substanz, die lang anhaltenden Schutz vor einer der größten Plagen der Menschheit vermitteln kann, glauben Forscher der amerikanischen Armee gefunden zu haben. Weltweit leiden etwa 200 Millionen Menschen unter der Schistosomiasis (Bilharziose), einer Tropenkrankheit, die durch parasitische Würmer ausgelöst wird. Jetzt soll eine Creme, die den Wirkstoff Niclosamid enthält und äußerlich aufgetragen wird, verhindern, dass die freischwimmenden Larven (Cercarien) die menschliche Haut durchdringen.

Komplizierter Kreislauf: Verschiedene Arten parasitischer Würmer wandeln mehrfach ihre Erscheinungsform und nutzen Süßwasserschnecken und Menschen, um sich zu vermehren. (Grafik von Ikiwaner via Wikimedia Commons [GFDL 1.2]
Komplizierter Kreislauf: Auslöser der Tropenkrankheit Schistosomiasis (Bilharziose) sind verschiedene Arten parasitischer Würmer. Sie wandeln mehrfach ihre Erscheinungsform und nutzen Süßwasserschnecken und Menschen als Wirte, um sich zu vermehren. (Grafik von Ikiwaner via Wikimedia Commons [GFDL 1.2])
Damit ließe sich der Infektionszyklus durchbrechen, der von Wasserschnecken über die Cercarien zu den erwachsenen Tieren führt. Diese setzen sich in den Blutgefäßen des Darmes und der Leber fest, wo sie Entzündungen und Infektionen verursachen. Bis zu zwanzig Jahre können einzelne Würmer im menschlichen Körper überleben. Während dieser Zeit produzieren die Weibchen täglich Tausende von Eiern, die mit den Körperausscheidungen ins Wasser gelangen, um dort den Kreislauf zu schließen.

Niclosamid, dessen Wirkung auf Cercarien schon seit 1975 bekannt ist, wurde bereits an Mäusen und Affen getestet. Eine einzige Anwendung schützte die Tiere mehr als eine Woche vor der Infektion. Als nächster Schritt soll die Substanz nun an ägyptischen Reisbauern und an Farmern aus der brasilianischen Bahia-Region erprobt werden. Beide Bevölkerungsgruppen sind gezwungen, einen Großteil ihrer Arbeitszeit in Cercarien-verseuchtem Wasser zu verbringen.

Der brasilianische Professor Reynaldo Dietze arbeitet bereits an einer Seife für seine gefährdeten Landsleute, die etwa 0,1 Prozent Niclosamid enthalten wird. Viele Experten aber sind skeptisch. Sie gehen davon aus, dass der neue Wirkstoff für die hauptbetroffenen Menschen in der Dritten Welt zu teuer sein wird und darum in erster Linie amerikanischen Soldaten zugute kommt.

(erschienen in der WELT vom 30. Dezember 1989)

Quelle: Cherfas J. New weapon in the war against schistosomiasis. Science. 1989 Dec 8;246(4935):1242-3.

Was ist daraus geworden? Die Idee mit der Niclosamid-Creme hat sich nicht durchgesetzt. Noch heute sind nach Schätzungen etwa 250 bis 300 Millionen Menschen infiziert, 600 Millionen sind gefährdet. Als Mittel der Wahl gilt heute Praziquantel, das bereits in den 1970er Jahren gemeinsam von den Firmen Bayer und Merck entwickelt wurde. Ein Programm, das die Bilharziose ausrotten soll, wurde im Jahr 2007 von Merck und der Weltgesundheitsorganisation WHO vereinbart, wofür der Pharmakonzern insgesamt mehrere hundert Millionen Praziquantel-Tabletten bereitstellen will bzw. bereits gespendet hat.

MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft