Immunarznei verlängert das Mäuse-Leben

Das Medikament Rapamycin schützt nicht nur menschliche Organempfänger vor der lebensbedrohlichen Abstoßungsreaktion ihres Immunsystems, in Tierversuchen verlängert dieser Wirkstoff außerdem deutlich das Leben gesunder Mäuse.Wie das Wissenschaftsmagazin Nature online berichtet, hatte man zwar zuvor schon zeigen können, dass Rapamycin bei Hefepilzen, Fadenwürmern und Fruchtfliegen lebensverlängernd wirkt. Nun aber konnte ein Team um David Harrison am Jackson Laboratory in Bar Habor (Maine, USA) beweisen, dass diese Substanz auch bei Säugetieren den Tod hinaus zögert. Die Lebensverlängerung betrug zwar nur relativ bescheidene 14 Prozent für die Mäuseweibchen und neun Prozent für die Männchen, dennoch dürften die US-Wissenschaftler neue Hoffnungen wecken auf Pillen, die eines Tages auch dem Menschen ein längeres Leben bescheren könnten.

Bemerkenswert ist, dass die Alternsforscher ihren Versuchstieren Rapamycin erst spät im Leben ins Futter gaben. Die Mäuse waren zu diesem Zeitpunkt bereits 600 Tage alt, was laut Harrison ungefähr 60 Jahren beim Menschen entspricht. Im Gegensatz zu manchen früheren Studien, deren „vielversprechende“ Ergebnisse von der Presse gefeiert wurden, wurde die aktuelle Untersuchung nicht von einer Pharmafirma finanziert, sondern von einer staatlichen Einrichtung, dem US-Nationalen Institute on Aging (NIA) in Bethesda bei Washington. Im Rahmen eines so genannten Interventions-Testprogrammes (ITP) kann dort jeder Wissenschaftler Substanzen zum Prüfen vorschlagen, von denen er sich eine lebensverlängernde Wirkung verspricht. Bei Bewilligung lässt das ITP diese Wirkstoff-Kandidaten dann gleichzeitig an drei verschiedenen Orten mit normalen Labormäusen prüfen, um Irrtümer durch zufällige Schwankungen möglichst auszuschließen.

Unter den bereits getesteten Substanzen ist Rapamycin die erste, die eindeutig an allen drei Zentren sowohl bei männlichen, als auch bei weiblichen Mäusen lebensverlängernd wirkte. Bislang gibt es nur eine wissenschaftlich bewiesene Methode, mit der das Leben von Säugetieren verlängert werden kann: Strenges Fasten, beziehungsweise Nahrungsentzug im Labor. Dennoch warnen die Alternsforscher im Labor von Matt Kaeberlein and Brian Kennedy von der Universität von Washington in Seattle in einem begleitenden Kommentar vor der vorschnellen Einnahme von Rapamycin:  „Auch gesunde Menschen sollten nicht versuchen, damit das Altern zu verzögern“, erklären sie. Schon die mögliche Unterdrückung des Immunsystems durch die – im übrigen rezeptpflichtige – Arznei sei Grund genug, davon die Finger zu lassen.  „Vorerst bleibt die Lebensverlängerung beim Menschen Science-Fiction-Schreibern vorbehalten. Aber die Ergebnisse von Harrison und seinen Kollegen nähren den Optimismus, dass selbst im fortgeschrittenen Alter noch Zeit bleibt, den Kurs zu ändern.“

Nachtrag vom 8.7.09: Dass strenges Fasten – auf wissenschaftlich „kalorische Restriktion“ – auch bei höheren Säugetieren lebensverlängernd wirkt, bestätigt eine Studie in der Fachzeitschrift Science, die heute vorab veröffentlicht wurde: Ricki Colman und Kollegen hatten demnach Rhesusaffen ab einem Alter zwischen sieben und vierzehn Jahren die Nahrungsrationen um 30 Prozent gekürzt. In den zwanzig Jahren der Studie starben von diesen Tieren gerade einmal 13 Prozent, in einer Kontrollgruppe, die nach belieben fressen durfte, waren es dagegen mit 37 Prozent fast drei Mal so viele.

Quellen:

  • Harrison DE et al. Rapamycin fed late in life extends lifespan in genetically heterogeneous mice. doi:10.1038/nature08221
  • Kaeberlein M, Kennedy BK A midlife logevity drug? doi:10.1038/nature08246
  • Colman RJ et al. Caloric Restriction Delays Disease Onset and Mortality in Rhesus Monkeys. Science Band 325, Seiten  201-04 vom 10. Juli 2009
MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft

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