Lasertherapie soll Nackenschmerzen lindern

Die folgende, leicht überarbeitete Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wollte ich meinen Lesern nicht vorenthalten. Ich habe sie außerdem mit einigen Ergänzungen versehen, um den Nutzwert zu erhöhen:

Ein zusammenfassender Überblick zu Studien mit so genannten Softlasern hat ergeben, dass diese Geräte Nackenschmerzen wirksam bekämpfen können. Die Methode habe bessere Resultate erzielt als andere gebräuchliche Therapien, berichten Wissenschaftler in der Fachzeitschrift The Lancet. Besonders günstig hätten die niederenergetischen Laserstrahlen im Vergleich zur Gabe schmerzstillender Medikamente abgeschnitten, für die „Beweise rar und Nebenwirkungen häufig sind“, heißt es in der Meta-Analyse von 16 Studien mit insgesamt 820 Patienten.

Vorsichtig optimistisch: Professor Claudia Sommer, Leitende Oberärztin an der Neurologischen Klinik der Universität Würzburg (Foto: privat/DGN)

„Das ist eine überraschende und vielleicht auch eine gute Nachricht“, kommentiert die Würzburger Neurologin und Schmerzforscherin Professor Claudia Sommer. „Nackenschmerzen sind in der Bevölkerung weit verbreitet und verursachen zudem enorme wirtschaftliche Schäden, jedoch fehlte es bislang an wissenschaftlich gesicherten, wirksamen Therapien“, sagt die Leitende Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik. „Bevor die Softlaser in der neurologischen Praxis Einzug halten, sollten die neuen Erkenntnisse allerdings in einer hochwertigen größeren Einzelstudie überprüft werden.“

Vertreter der Schulmedizin standen dem Einsatz niederenergetischer Laserstrahlen – im englischen Low-Level-Laser-Therapy, LLLT – bisher eher skeptisch gegenüber. Die auch als „Softlaser“ oder „Kalte Laser“ bekannten Geräte arbeiten mit gebündelten Lichtstrahlen, die zu schwach sind, um im Gewebe eine spürbare Erwärmung auszulösen. Sie sind wegen ihrer angeblich durchblutungsfördernden und entzündungshemmenden Wirkung unter Alternativmedizinern sehr beliebt.

Widersprüchliche Daten hatten zu Skepsis geführt

In Übersichtsarbeiten der angesehenen Cochrane-Collaboration fand sich aber bislang kein Beleg für den Nutzen der Methode gegen Rückenschmerzen oder gegen Rheuma. Zur LLLT gegen Nackenschmerzen waren die Ergebnisse widersprüchlich, was Roberta T. Chow vom Brain and Mind Research Institute der Universität Sydney, Australien, für eine systematische Neubewertung zum Anlass genommen hatte.

Zusammen mit australischen und norwegischen Kollegen hatte Chow zunächst aus 490 Literaturhinweisen 16 Studien mit 820 Teilnehmern ausgesiebt, bei denen die LLLT gegen unspezifische Nackenschmerzen erprobt worden war, und die strengen wissenschaftlichen Kriterien genügten. Dabei fanden die Forscher lediglich zwei Studien bei denen auch der akute Nackenschmerz behandelt worden war. Bei diesen beiden Untersuchungen besserten sich die Nackenschmerzen unter der Lasertherapie zu 69 Prozent häufiger als mit einer Scheinbehandlung.

Zum chronischen Nackenschmerz (mehr als drei Monate andauernd) fanden Chow und Kollegen fünf Studien, bei denen der Erfolg der Behandlung kategorisch erfasst wurde, also mit „Ja“ oder „Nein“. Hier war die Lasertherapie vier Mal häufiger wirksam als die Scheinbehandlung. Weitere elf Studien zu chronischen Nackenschmerzen hatten die Schmerzlinderung anhand einer 100 Millimeter langen Strichskala gemessen, bei der die Patienten den gefühlten Schmerz vor und nach der Behandlung mit einer Markierung zwischen den beiden Enden bewerten. In jeder einzelnen dieser Untersuchungen war die Laserbehandlung tendenziell überlegen gewesen; in der Zusammenfassung errechneten Chow und Kollegen eine durchschnittliche Verbesserung um 19,86 Millmeter. Anhand der sieben Studien mit Folgeuntersuchungen bis zu 22 Wochen nach der Behandlung ergab sich, dass der Erfolg auch mittelfristig anhielt mit einer Schmerzreduktion von 22,07 Millimetern. Die Nebenwirkungen der LLLT wären dabei ebenso mild wie die unter einer Scheinbehandlung, notieren Chow und Kollegen.

Saubere Analyse ergab „mäßige statistische Evidenz“

„Die Ergebnisse der niederenergetischen Lasertherapie sind im Vergleich zu anderen gebräuchlichen Therapien besser – insbesondere gegenüber medikamentösen Interventionen, für die es nur spärliche Beweise gibt, aber viele Nebenwirkungen“, schreiben die Wissenschaftler, und sie sprechen von „mäßiger statistischer Evidenz“ für die Wirksamkeit der LLLT. „Der Direktvergleich zu medikamentösen und anderen Therapieformen, zum Beispiel den häufig verwendeten Injektionstherapien oder einer Physiotherapie, wäre allerdings noch zu erbringen“, meint Professor Claudia Sommer.

Wie der Veröffentlichung zu entnehmen ist, kam die Meta-Analyse ohne finanzielle Unterstützung durch einen Sponsor zustande. Chow ist allerdings Mitglied der World Association for Laser Therapy (WALT), der Co-Autor Rodrigo A. B. Lopez-Martins ist deren wissenschaftlicher Sekretär, und Mitautor Jan M. Bjordal ist Präsident der WALT. Wie der Webseite des Verbandes zu entnehmen ist, zählen zu dessen Aufgaben auch die Bewerbung (engl. „promotion“) von Softlasern. Auf der Webseite der Firma Thor, einem großen Hersteller von Softlasern, macht sich Erstautorin Chow zudem in einem englischsprachigen Interview für diese Geräte stark. Der Grund für das Interview sei aber nur, das Wissen zur Anwendung der Lasertechnik gegen Nackenschmerzen zu fördern und stelle keine besondere Befürwortung der Firma Thor Photomedicine dar, ist auf der Webseite zu lesen.

In einem Kommentar, den Jaime Guzman von der Universität Vancouver in der gleichen Ausgabe von The Lancet veröffentlicht hat, bescheinigt der Assistenzprofessor für Physiotherapie und Rehabilitation seinen Kollegen jedenfalls, dass deren Meta-Analyse sauber und anhand der geltenden Standards durchgeführt wurde. Die Wirkweise der Lasertherapie sei zwar noch immer unklar und müsse weiter untersucht werden. „Dennoch ist die Beweislage für die LLLT gegen Nackenschmerzen solider als für viele andere Interventionen.“

Quellen:

Weitere Informationen:

  • „Was hilft am besten gegen Nackenschmerzen?“ habe ich mich gefragt und bin bei meiner Recherche auf sehr unterschiedliche Antworten gestoßen. Am besten gefallen hat mir die Seite bei Netdoktor.de, wo der Orthopäde Dr. Thomas Wallny verrät: „Nackenschmerzen, die Folge von Verspannungen sind, vergehen meist ohne Behandlung von selbst. Vorsichtige Massagen oder physikalische Anwendungen (wie Wärmepackungen, Fango uns  Rotlicht) lindern die Beschwerden. Schmerzstillende Medikamente (Analgetika) und muskelentspannnende Wirkstoffe beschleunigen den Heilungsprozess.“ Natürlich rät der Orthopäde davon ab, Nackenschmerzen durch die Konkurrenz behandeln zu lassen und warnt vor „chiropraktischen Einrenkungen, aber auch osteopathischer beziehungsweise physiotherapeutischer manueller Therapie“. Meine Freundin – sie ist Physiotherapeutin – meint dagegen, dass ein paar Stunden Krankengymnastik mehr bringen und nachhaltiger wirken, als ein Besuch beim Orthopäden…
  • Und wenn man keine Krankengymnastik verschrieben bekommt? Vielleicht helfen ja die Übungen gegen Nackenschmerzen, wie sie z.B. die Webseite der „Freundin“ im Video präsentiert.
  • Immerhin scheinen die meisten „Experten“ sich einig, dass Bewegung besser ist als still zu halten. Dies rät auch bei einem steifen Hals Constanze Böttcher auf der Webseite des Stern. Und „Netdoktor“ Wallny – dies will ich nicht unterschlagen – beschließt seinen Artikel ebenfalls mit dem Hinweis: „Täglicher Ausdauersport hilft, der Entstehung von Nackenschmerzen vorzubeugen. Zudem verbessert er das Körpergefühl, stärkt das Selbstbewusstsein und hebt die Laune.“ Wer wollte dem widersprechen?
Ein zusammenfassender Überblick zu Studien mit so genannten Softlasern hat ergeben, dass diese Geräte Nackenschmerzen wirksam bekämpfen können. Die Methode habe bessere Resultate erzielt als andere gebräuchliche Therapien, berichten Wissenschafter in der Fachzeitschrift „The Lancet“. Besonders günstig hätten die niederenergetischen Laserstrahlen im Vergleich zur Gabe schmerzstillender Medikamente abgeschnitten, für die „Beweise rar und Nebenwirkungen häufig sind“, heißt es in der Meta-Analyse von 16 Studien mit insgesamt 820 Patienten.
MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft

3 Kommentare

  1. Energisches Zuwarten hilft auch, Softlaser bringt aber Umsatz -ergo was für die IGeL-Fraktion. Die Studie ist übrigens schon etwas angestaubt. Aber trotzdem.

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