Kombinationstherapie gegen Alzheimer in Sicht?

Vorläufig sind es nur alte Labormäuse, deren Gedächtnis eine neuartige Behandlungsstrategie auf die Sprünge geholfen hat. Dennoch könnten die Versuche von Vivian W. Chow, Philip C. Wong und deren Kollegen an der Johns Hopkins School of Medicine im US-amerikanischen Baltimore wegweisend sein für die zukünftige Behandlung der Alzheimer-Krankheit beim Menschen. Hier gibt es zwar eine Handvoll Medikamente, welche die Symptome des Leidens bekämpfen und die beispielsweise die Einweisung in ein Pflegeheim für viele Patienten verzögern können. Dennoch gehen die heute verfügbaren Arzneien nicht an die Wurzel des Übels: Ablagerungen bestimmter Eiweißbruchstücke (Plaques), die sich im Laufe von Jahrzehnten ansammeln und die nach Meinung der meisten Wissenschaftler für den Tod der Nervenzellen bei der Alzheimer-Krankheit verantwortlich sind.

Nun ist es zwar in den vergangenen Jahren gelungen, gezielt gleich mehrere Gruppen von Arzneimittelkandidaten zu entwickeln, welche die Entstehung neuer Plaques verhindern und die alte Plaques auflösen können. Viele dieser Stoffe erwiesen sich jedoch im Tierversuch als zu gefährlich. Hemmt man beispielsweise zu stark das Enzym Beta-Sekretase, das an der Plaquebildung maßgeblich beteiligt ist, so stört dies die Funktion der Nervenzellen und Mäuse zeigen Verhaltensweisen, die einer Schizophrenie beim Menschen ähneln.  Blockiert man dagegen ein zweites Schlüsselenzym, die Gamma-Sekretase, so zeigen die Tiere Entwicklungsstörungen, viele bekommen Hautkrebs und sie sterben im Durchschnitt früher als unbehandelte Artgenossen.

Angesichts dieser Komplikationen erprobten die Forscher nun unter der Leitung von Donald Price eine Strategie, um mögliche Nebenwirkungen zu verringern: Durch genetische Tricks verringerten sie geringfügig die Aktivität sowohl der Beta-Sekretase als auch der Gamma-Sekretase und reduzierten dadurch wie erhofft recht deutlich die Ablagerungen im Gehirn der Tiere, ohne die gefürchteten Nebenwirkungen hervor zu rufen. Die Lebensspanne der Versuchstiere war unverändert, sie entwickelten keine Tumoren oder sonstigen Abnormalitäten. Die Behandlung schien lediglich eine leichte  Veränderung im Durchmesser des Sehnerves hervor zu rufen, die jedoch als wenig bedenklich eingestuft wurde.

Dass die Kombinationsstrategie nicht nur gut verträglich war, sondern auch das Gedächtnis der Tiere verbesserte konnten die Wissenschaftler in einem Standardtest zeigen. Die genetisch manipulierten Tiere konnten sich dabei deutlich besser an einmal gemerkte Plätze erinnern als unbehandelte Artgenossen. „Zusammen gefasst unterstützen diese Ergebnisse die Idee, dass eine geringfügige Hemmung von Beta-Sekretase und Gamma-Sekretase das Gehirn besser schützt und gleichzeitig Nebenwirkungen verringert“, schreiben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine. Eine gegen die Plaques gerichtete Kombinationstherapie könne deshalb „nützlich zur Vorbeugung und / oder Behandlung der Alzheimer-Krankheit sein.“

Quelle:

  • Chow, VW et al. Modeling an Anti-Amyloid Combination Therapy for Alzheimer´s Disease. Science Translational Medicine 2(13)1-12. Jan 6 2010.
MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft

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