Internet-Therapie gegen Schlaflosigkeit

Auch ohne den Gang zum Arzt oder Psychologen können bestimmte Formen der Schlaflosigkeit wirksam bekämpft werden, berichtet ein Team von Wissenschaftlern um Lee M. Ritterband, Professor am University of Virginia Health System im US-amerikanischen Charlottesville in der Fachzeitschrift Archives of General Psychiatry. Zusammen mit seinen Kollegen hat Ritterband dafür eine bewährte Methode – die kognitive Verhaltenstherapie – aus der Praxis ins Internet übertragen.

Die kognitive Verhaltenstherapie zielt darauf ab, „falsche“ Gedanken und Verhaltensweisen durch wiederholte Übungen zu korrigieren. Obwohl es mehrere Studien gibt, denen zufolge das Verfahren bei Schlafstörungen ebenso gute – aber länger anhaltende – Ergebnisse erzielt, wie die Einnahme von Medikamenten, wird diese psychologische Behandlungsform noch immer verhältnismäßig selten angewandt. Neben einem Mangel an qualifizierten Therapeuten machen Ritterband und seine Kollegen dafür auch die hohen Kosten verantwortlich, die in den USA meist gar nicht und in Deutschland längst nicht immer durch die Krankenkassen erstattet werden.

Für ihren Versuch entwickelten die US-Forscher daher ein interaktives Programm für das Internet (genannt SHUTi), bei dem die gleichen Prinzipien wie in „echten“ Therapiesitzungen umgesetzt wurden. Von 44 freiwilligen Erwachsenen, deren Schlafprobleme im Mittel schon länger als zehn Jahre anhielten, wurden nach dem Losverfahren 22 für die Internet-Therapie ausgewählt und die anderen zum Vergleich auf eine Warteliste gesetzt. Neun Wochen lang trainierten die Probanden dann am Computer mit Hilfe von Texten und Graphiken, Animationen, Frage-und-Antwort-Spielen oder ähnlichen Elementen. So lernten sie beispielsweise, im Schlafzimmer nicht zu lesen oder fern zu sehen, tagsüber keine Nickerchen abzuhalten und nicht ständig über die gesundheitlichen Folgen ihrer Schlaflosigkeit zu grübeln.

Anhand von Schlaf-Tagebüchern und Selbstbeurteilungen über die gesamte Studiendauer hinweg konnten die Forscher verfolgen, wie wirksam ihre Methode war. Auf dem so genannten Schlaflosigkeitsindex, der von 0 (keine Symptome) bis 28 (schwere Schlaflosigkeit) reicht, verbesserten sich die Teilnehmer am Internet-Training von durchschnittlich 15,73 auf 6,59 Punkte. Dieser Erfolg hielt über mindestens sechs Monate an, wie die Wissenschaftler in einer Nachuntersuchung feststellten.  Die Freiwilligen auf der Warteliste erfuhren dagegen einerlei Besserung.

„Ein Internet-basiertes Verfahren könnte den großen, unbefriedigten Bedarf der Bevölkerung nach einer Behandlung stillen“, folgern die Wissenschaftler in ihrem Fachartikel und sie glauben außerdem: „Solch eine wirksame und billige Intervention würde die Behandlungsmöglichkeiten für eine große Anzahl von schlaflosen Erwachsenen erweitern.“ Besonders für jene, die weit entfernt von spezialisierten Zentren leben, könnte dieses Verfahren zu einer stichhaltigen Therapie der ersten Wahl werden, werben die US-Forscher schließlich für ihre Neuerung.

Der Bedarf für solch eine Therapie scheint jedenfalls vorhanden: Unterschiedlichen Quellen zufolge klagt etwa ein Viertel der Bevölkerung über Schlafstörungen und bei 80 Prozent der Betroffenen dauern die Beschwerden länger als ein Jahr. Die Ursachen sind überwiegend psychosozialer Nature, sei es in Form aufwühlender Tagesereignisse, Problemen an Arbeitsplatz und in der Familie oder von Umweltgeräuschen, die als Belästigung empfunden werden. Daneben gibt es aber auch eine Vielzahl so genannter organischer Schlafstörungen, die im wesentlichen auf Fehlfunktionen des Gehirns beruhen. In diese Kategorie fallen zum Beispiel die Schlafapnoe,  die Narkolepsie und das Restless-Legs-Syndrom. Neben dem unermesslichen menschlichen Leid verursachen Schlafstörungen auch gewaltige wirtschaftliche Schäden. Alleine für die USA schätzt man die Produktivitätsverluste auf umgerechnet 30 Milliarden Euro jährlich und eine kanadische Studie kam kürzlich zu dem Schluss, dass Schlafstörungen etwa ein Prozent des Bruttosozialproduktes auffressen.

Quelle:

Lee M. Ritterband, Frances P. Thorndike, Linda A. Gonder-Frederick, Joshua C. Magee, Elaine T. Bailey, Drew K. Saylor, Charles M. Morin:  Efficacy of an Internet-Based Behavioral
Intervention for Adults With Insomnia. Arch Gen Psychiatry. 2009; (667) :692-698

Tipp:

Ein großes Angebot von Ratgebern zum Thema „Gesunder Schlaf“ finden Sie bei meinem Werbepartner Amazon. Umsonst im Internet gibt es den Patientenratgeber „Schlafstörungen und ihre Behandlungsmethoden“ der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Noch besser gefallen hat mir allerdings die gut verständliche und übersichtliche Webseite schlafgestoert.de. Sie wird von drei engagierten ÄrztInnen betrieben, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Behandlung von Schlafstörungen ohne Medikamente zu fördern.

MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft

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