Blick unter die Schädeldecke

Ohne einen Tropfen Blut zu vergießen können Forscher heute jeden Winkel des menschlichen Gehirns mit einer Genauigkeit im Millimeterbereich sichtbar machen und vermessen. Die modernste Methode ist die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), auch Kernspintomographie genannt. Berührungsfrei und ohne schädliche Strahlung zeigt sie den Sauerstoffverbrauch im Gehirn als Maß für dessen Aktivität in anschaulichen bunten Bildern. Dabei ist es üblich, erhöhte Aktivität gegenüber dem Ruhezustand mit „warmen“ Farben darzustellen (gelb, orange, rot), eine verminderte Aktivität dagegen in abgestuften Blautönen. Ohne diese Bilder sind die von Fachbegriffen strotzenden Ortsangaben der Neuroforscher für Laien nur schwer nachzuvollziehen.

Altsprachliche Grundkenntnisse helfen zwar, Lagebezeichnungen wie medial (mittig), lateral (seitlich) und anterior / posterior (vorne / hinten) zu verstehen oder das Aussehen von Strukturen wie Sulcus (Furche), Nucleus (Kern), Ganglien (Knoten) und Amygdala (Mandelkern). Unter der Walnuß-artigen Oberfläche des Gehirns verbergen sich jedoch Hunderte verschiedener Einheiten, die mal scharf getrennt und mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, oft aber auch ineinander übergehen.

Eigenständige Namen gibt es zudem sowohl für diese anatomischen Einheiten als auch für Gewebe, die sich im Laufe der Evolution oder der Hirnreifung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausbilden (Rückenmark, Kleinhirn, Zwischen- oder Mittelhirn, Großhirnrinde). Wieder andere Fachtermini gibt es für Nervenbahnen, die untereinander verbunden sind und denen man bestimmte Funktionen zuweisen konnte wie das limbische System (Gefühle) oder das nach seinem Entdecker benannte Broca-Areal (Sprache).

Manchmal verständigt man sich über die Richtung des Signalflußes (hinführend = afferent, wegführend = efferent), die Art der hauptsächlich benutzten Botenstoffe („serotonerg“ für Serotonin, „dopamerg“ für Dopamin usw.) oder das Erscheinungsbild unter dem Mikroskop („granulös“, „Säulen“, „Pyramidenzellen“). Natürlich muss ein Hirnforscher in der Lage sein, all diese Bezeichnungen auch zu kombinieren und er muss lernen, sie nicht nur in seiner Muttersprache, sondern auch in der Wissenschaftssprache Englisch zu verstehen und richtig auszusprechen.

MSimm
Journalist für Medizin & Wissenschaft

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